Gefunden im Haus der deutschen Sprache:
RUTSCH?
Alle reden von, klagen über “Denglisch“ und versuchen, ihm vernünftige Grenzen zu setzen. Doch was ist mit “Rutsch“?
Wäre etwas dran an der Legende, dass die westdeutsche “D“englisch-Manie auf den Druck der anglophonen Weltkriegssieger zurückgeht, dann müsste es logischerweise in der ehemaligen DDR jede Menge “Rutsch“ gegeben haben, in den östlichen Bundesländern noch heute geben: Russisches Deutsch?
Das gab es aber nur in erstaunlich begrenztem Maße, und auch davon hat nur wenig das Ende der sowjetischen Präsenz zwischen Elbe und Oder überlebt.
Freunde des HDS in Halle an der Saale haben netterweise ihr Gedächtnis gemartert, doch nur wenig zusammentragen können. Wissen junge “Ossis“ noch, was einst alle wussten: “dawai“ bedeutet “schnell, vorwärts!“. Bleiben sie stehen, wenn jemand “stoi“ ruft? Eher nicht. Das (heute) alte Mütterchen erinnert sich vielleicht, dass man ihresgleichen einst zärtlich “Bábuschka“ genannt und es selbst als Kind die hölzernen Püppchen der bunten “Matróschka“ auseinandergenommen und wieder ineinander gesteckt hat.
Am ehesten hat die Jugend der neuen Bundesländer vielleicht von ihren Eltern noch “Mir“ als “Frieden“ im Ohr oder den “Subotnik“ als “Freiwilligen(!)“ beim gemeinnützigen Arbeitseinsatz am Wochenende (суббота = Samstag). Vielleicht versteht der Kellner noch “sto gramm“, wenn jemand ein Hundertgramm-Schlückchen Wodka bestellt?
Die “Datsche“, der “Apparatschik“, auch das “Schaschlik“ waren lange vor dem Abzug des sowjetischen Militärs auch in Westdeutschland angekommen. Den “Samowar“ kennt ganz Europa schon lang aus der russischen Literatur. Im Westen findet jetzt allmählich auch “Soljanka“, die würzige Fleischsuppe, Freunde und Platz auf der Speisekarte. Derweil stellen sich die russischen “Pelméni“ in deutschsprachigen Gebieten der internationalen Konkurrenz der Ravioli, Maultaschen, Mandu und Piroggen.